Warum wir hier sind
Sobald wir beginnen, bewusst zu leben, stellt sich unweigerlich die Frage: Warum sind wir hier? Was ist das Leben überhaupt? Und was ist sein Sinn?
Ich selbst habe mir diese Fragen schon früh gestellt. In meinen Zwanzigern habe ich oft darüber nachgedacht, was ich mit meinem Leben anfangen möchte und wie mein Lebensabend wohl aussehen wird. Doch mit der Zeit veränderten sich die Fragen. Ich begann zu hinterfragen, ob das, was ich gerade mache, wirklich sinnvoll war – ob es noch mehr zu erleben, zu entdecken, zu verstehen gibt.
In dieser Phase habe ich, zunächst unbewusst, begonnen, mich selbst nicht mehr zu ernst zu nehmen. Ich lernte, Herausforderungen nicht zu vermeiden, sondern sie anzunehmen und zu suchen. Denn in ihnen liegt Wachstum. Dieses Lernen geschah unbewusst, weil in mir das Vertrauen vorhanden war, dass ich Herausforderungen meistern kann. Dadurch habe ich mich nicht blockiert. Jede dieser Erfahrungen hat einen Teil in mir reifen lassen, und im Nachhinein, wenn ich auf diese einzelnen Abschnitte zurückblicke, staune ich oft selbst darüber. Durch dieses Bewusstsein erkenne ich heute, welche neuen Abenteuer ich noch angehen möchte.
Ich wurde immer wieder gefragt, ob ich denn keine Angst habe. Aber was bedeutet eigentlich Angst? Nach Definition habe ich zum Beispiel Höhenangst – mein Körper reagiert auf große Höhen mit Schweiß und kalten Füßen. Doch Angst vor dem Leben selbst, vor Erfahrungen? Wovor sollten wir da Angst haben? Wir haben nur dieses eine Leben, und es wurde uns geschenkt, um genau diese Erfahrungen zu machen, um zu fühlen, zu lernen, zu scheitern und wieder aufzustehen.
Vielleicht ist dieses Gefühl ein Kompass. Sie zeigt uns, wo Wachstum möglich ist, wo wir an unsere Grenzen stoßen und darüber hinausgehen können. Wenn wir lernen, sie nicht als Gegner, sondern als Wegweiser zu begreifen, öffnet sich ein Raum für Mut, Neugier und Entwicklung. Genau dort beginnt echte Veränderung - in uns selbst.
Und genau das erleben wir heute erneut. Die Welt um uns herum wandelt sich in atemberaubender Geschwindigkeit. Neue Technologien stellen vieles infrage, was uns bisher Halt gegeben hat. Wir spüren das Unbekannte, der Kontrollverlust, eine Zukunft, die wir nicht ganz verstehen. Oft weichen wir davor zurück, so wie wir es auch in unserem persönlichen Leben tun. Wir suchen Sicherheit im Alten, im Gewohnten.
So führen uns die rasanten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz an die Grenzen unseres bisherigen Verständnisses von Arbeit, Bewusstsein und Realität. Firmen und ganze Länder arbeiten mit Hochdruck daran, eine allgemeine künstliche Intelligenz (AGI) oder gar eine Superintelligenz zu erschaffen. Wenn das gelingt, unabhängig der großen Risiken, wird sich unser Leben radikal verändern. Vielleicht müssen wir in Zukunft gar nicht mehr einer klassischen Arbeit nachgehen, weil Maschinen alles übernehmen. Eine gewaltige Herausforderung, die uns erneut zur Frage führt: Wofür sind wir hier? Worin definieren wir uns?
Mit diesen Technologien werden auch Simulationen möglich, die unserer realen Welt zum Verwechseln ähnlich sind. So ähnlich, dass sich die Frage aufdrängt, ob wir selbst in einer Simulation leben.
Schon lange vor dem Aufkommen der künstlichen Intelligenz haben Philosophen, Wissenschaftler und Künstler über diese Möglichkeit spekuliert. Filme, Literatur und spirituelle Lehren greifen dieselbe Idee auf, dass unsere Realität vielleicht nur eine von vielen Ebenen des Seins ist.
In Religionen und spirituellen Traditionen finden sich ähnliche Vorstellungen von diesen Ebenen: Himmel und Hölle, obere, mittlere und untere Welten, Reinkarnation oder das Jenseits. Allen gemeinsam ist die Überzeugung, dass unser jetziges Leben nur ein Teil des großen Ganzen ist.
Doch nehmen wir an, es wäre tatsächlich so, dass wir in einer Art Simulation leben, ob geschaffen durch Technologie oder durch eine göttliche Ordnung. Wie würden wir dann leben? Würdest du dich noch über den Autofahrer ärgern, der dir die Vorfahrt genommen hat? Würdest du weiterhin so viel Zeit deines Lebens damit verbringen, unzufrieden zu sein?
Vielleicht besteht der Sinn dieser "Simulation" gerade darin, das Leben bewusst zu erfahren, mit all seinen Höhen und Tiefen. Vielleicht wollen wir herausfinden, wie sich Leben entwickelt, wenn bestimmte Entscheidungen getroffen werden oder äußere Bedingungen sich verändern.
Allen Ideen, ob wissenschaftlich, philosophisch oder spirituell, ist eines gemeinsam: Sie sehen das Leben als ein Abenteuer, das erfahren werden will. Und selbst wenn all diese Gedanken nur Vorstellungen sind – was hält uns davon ab, das Leben trotzdem zu genießen? Warum sollten wir nicht jede Erfahrung annehmen, Emotionen zulassen und etwas Schönes in diese Welt bringen?
Denn am Ende, wenn dieses Spiel, diese Simulation, diese Reise vorbei ist, wirst du vielleicht zurückblicken und dich fragen: Habe ich wirklich gelebt? Habe ich erfahren, gefühlt, geliebt, gewagt?
Als ich mich vor vielen Jahren begann, mit bewusstem Leben zu beschäftigen, bin ich zu einer Überzeugung gelangt, die mich bis heute trägt:
Das Leben ist für mich da, um all das zu erfahren – um das Abenteuer zu leben, das ich selbst erschaffe.
Seitdem hat sich vieles verändert. Meine Sorgen sind weniger geworden, und Entscheidungen fallen mir leichter. Ich habe gelernt, die kleinen Dinge zu genießen – den Duft eines Kaffees am Morgen, ein Gespräch mit Freunden, den Klang des Regens. Ich meide, was mir im Alltag unnötigen Stress bereitet, und begebe mich nur noch dann in herausfordernde oder anstrengende Situationen, wenn sie Teil eines größeren Abenteuers sind, das mich wirklich erfüllt.
Mein Alltag darf leicht sein – nicht bedeutungslos, sondern bewusst leicht. Denn ich habe erkannt, dass Schwere und Wachstum nicht dasselbe sind. Wir müssen nicht leiden, um zu lernen. Aber wenn Leid oder Schmerz doch einmal auftauchen, dann sind auch sie Teil der Erfahrung, Teil dieses großen Spiels des Lebens.
Deshalb gibt es für mich keinen Raum für Reue. Jede Entscheidung – ob bewusst oder unbewusst, ob schmerzhaft, mit scham oder erfüllend – hat mich geformt. Sie hat mir neue Erfahrungen geschenkt, neue Perspektiven eröffnet, mich wachsen lassen. Und keine davon möchte ich missen, denn Sie haben mich zu dem gemacht, der ich heute bin.
Vielleicht ist das Leben nicht etwas, das wir besitzen, sondern etwas, das durch uns geschieht. Ein Bewusstsein, das sich selbst erlebt – durch Freude, Schmerz, Liebe und Verlust. Und wenn wir am Ende dieser Reise zurückblicken, zählt nicht, was wir erreicht, sondern was wir erlebt haben. Dann erkennen wir vielleicht: Wir waren nie getrennt vom Sinn des Lebens – wir waren der Sinn, die ganze Zeit.